Will man die mittelalterliche Philosophie ihrer geistigen Wesensart entsprechend charakterisieren, so bezeichnet sie jenes philosophische Denken des Abendlandes, welches dem Grundsatz gehorcht: Wisse, um glauben, glaube, um wissen zu können. So sagt Augustinus, dass wir nicht nur in der Autorität der heiligen Schrift reden wollen, sondern auch auf Grund der allgemeinen menschlichen Vernunft, "um der Ungläubigen willen".
Die Philosophie, die sonst die großen Probleme um Welt, Mensch und Gott mit den Kräften der einen Vernunft allein zu bearbeiten pflegt, verbindet sich in dieser Epoche mit dem religiösen Glauben und er mit ihr. Diese Erscheinung ist in diesem Zeitraum auch bezeichnend für die arabische und jüdische Philosophie.
Wie sonst in keiner Epoche der abendländischen Philosophiegeschichte lebt hier eine ganze Welt in der Sicherheit über das Dasein Gottes, über die Herkunft der Welt und ihrer sinnvollen Ordnung und über das Wesen des Menschen und seiner Stellung im Kosmos.
Es werden Textauszüge aus den Werken von Augustinus (354-430), Thomas von Aquin (1225-1274), Meister Eckhart (1260-1328) und Nicolaus Cusanus (1401-1464) bereitgestellt und erörtert.
Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.